Rollenspiel und eigene Konflikte

Ich gebe Dir hier einen Einblick wie Rollenspiel eigene Konflikte ändern kann. Tatsächlich ohne dass das eigentliche Thema selber dabei auch nur berührt wird. Es geht hier um meine ganz eigenen Erfahrungen damit.

Rollenspiel

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Ich bin seit fast 26 Jahren Rollenspielerin, davon auch die meiste Zeit Spielleiterin. D.h. der Mensch, der die Geschichte erzählt auf die die Mitspieler*innen, bzw deren Charaktere, reagieren. Ich habe schon eine Menge Geschichten erzählt und als Spielerin erlebt, ebenso eine große Menge unterschiedlicher Charaktere gespielt.

Wie es begann

Der Beginn war eher unspektakulär. Frühling 2002. Eine neue Geschichte sollte beginnen und jede*r sollte sich dafür einen Charakter aussuchen. Normalerweise suchte ich mir Charaktere, die eher im Hintergrund agierten, den anderen halfen aber selten wirklich im Rampenlicht standen. Das ging dieses Mal nicht, meine Wunschrolle war bereits vergeben. "Dann spiele ich eine Amazone", war die Aussage, die alles ins Rollen brachte. Eine Kämpferin in der Welt des Schwarzen Auges, mit sehr festen Wertvorstellungen, in der Lage sich nicht nur mit der Waffe durchzusetzen. So absolut nicht ich, kein bisschen.

Dieser Charakter war so ziemlich der schwierigste, den ich jemals gespielt habe. Weil ich konstant aus meiner Komfortzone heraustreten durfte. Entscheidungen treffen musste anstatt mich hinten anzustellen. Forderungen stellen musste. Zum Teil waren die Entscheidungen nicht unbedingt "gut", für den Charakter in der Situation aber das Beste, was sie tun konnte. Und: es war nicht schlimm! Nie! Auch und gerade aus solchen "Fehlern" entstanden die intensivsten und teilweise schönsten Erinnerungen an diese Geschichte. Auch dank der Mitspieler, die auch (für die Spieler) offensichtliche Fehlentscheidungen unterstützten und eben mitspielten.

Und obwohl es nur ein Charakter war, den ich dort gespielt habe, in einer Welt, die mit unserer nichts zu tun hat, hatte das Auswirkungen auf mich, den Spieler. Ich wurde mutiger mit jedem Schritt aus der Komfortzone, den ich mit dem Charakter machen durfte. Der sichere Rahmen, den der Spielleiter und die Mitspieler dabei gesetzt haben, hatte auch einen großen Anteil daran. Wir haben immer mit- und nie gegeneinander gespielt, das Ziel war gemeinsame Freude zu haben.

Und wie es weitergeht

Was das mit Dir zu tun hat, fragst Du Dich vielleicht? Ich weiß durch eigene Erfahrungen, wie wichtig ein sicherer Rahmen ist und wie hilfreich, wenn das Heraustreten aus der eigenen Komfortzone nicht allein geschieht. Durch diese Erfahrungen kann ich sichere Räume schaffen und weiß wie man sie hält. Dazu kommen ein sehr treffsicheres Gespür für Stimmungen bei meinem Gegenüber, für Zwischentöne und ein kreativer Funke, der manchmal ungewöhnliche Fragen stellt. 

Zum Ausprobieren für Dich habe ich extra eine Mailserie entwickelt, wo Du für Dich selber verschiedene Rollen ausprobieren kannst. Ganz ohne weiteres Hintergrundwissen.


1.3.2021 Equal Care Day

equal care day

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Was ist der Equal Care Day und was verbindet mich mit ihm?

Am Equal Care Day machen wir darauf aufmerksam, wo überall Care-Arbeit geleistet wird. Und dass diese bestenfalls mangelhaft wertgeschätzt wird und zudem auch noch unfair verteilt ist. Teilweise ist gar nicht bekannt, wie viel an Arbeit eigentlich als unbezahlte Arbeit (oder nicht-ausreichend bezahlte) täglich geleistet wird.

Dieses Jahr wird eine Gruppe aus Frauen des Familienleicht Business Clubs sich dem Thema widmen und jede für sich ihre Sicht zu dem Thema darstellen.
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Was hinter den Kulissen geleistet wird, ist eine Menge! Es wird geplant und organisiert (Kalender mit Terminen, wer führt den bei Dir?), rechtzeitig an Geburtstage und Geschenke gedacht, Arztbesuche durchgeführt, Kindergarten- und/oder Schulfeste mitgemacht, Hausaufgaben angeschaut oder mit dem Lehrer über selbige gesprochen, Entwicklungsgespräche geführt, Wäsche rechtzeitig gewaschen und getrocknet, Essen eingekauft und gekocht... Jetzt sag mir noch mal einer, dass das nichts ist! Es zahlt bloß keiner.
Und was keiner zahlt ist auch nichts wert. Oder?!?

Ich bin Lucie, studierte Luft- und Raumfahrttechnikerin, Mama von 2 Kindern, optimistische Pragmatikerin mit haufenweise Ideen. Wenn Du aus dieser Rolle der unsichtbar Arbeit leistenden raus möchtest, reiche ich Dir die Hand.

equal care day
Von wem wünschst Du Dir Wertschätzung und in welcher Form

Auch wenn ich mittlerweile durchaus auch selber in der Lage bin, meine Leistung anzuerkennen, so ist es doch um einiges schöner, wenn auch aus dem Außen Wertschätzung kommt. Da wäre einmal der Partner, der nicht selten mit der Erwerbsarbeit seinen Teil als erledigt ansieht. Immer noch, und wir haben 2021!
Arbeitgeber, die aus mir unerfindlichen Gründen der Meinung sind, Teilzeitkräfte hätten „frei“ nach Erwerb-Arbeitsende. Die dann auch zu oft Unverständnis äußern, wenn man nur selten (oder gar nicht) über die vereinbarte Zeit hinaus arbeiten kann.
Die Politik ist auch nicht gerade hilfreich. Bei der berühmten „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ geht es doch eigentlich nur darum, dass die Kinder besser verstaut sind, damit die Eltern beide erwerbstätig sein können. Ist das wertschätzend für die Familie, bei der (mindestens) einer Teilzeit arbeitet oder gleich ganz daheim ist – und das auch so möchte?

Besser wäre für mich wenn...


Partner und Arbeitgeber sollen anerkennen, dass Care-Arbeit auch Arbeit ist. Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Ich kenne zwar Chefs, die das wissen, leider sind es sehr wenige.
Die Politik soll, statt immer weitere längere Betreuung für Kinder zu fordern und fördern, auch flexible Arbeitszeit- und -ort-Modelle versuchen zu unterstützen. Soziale Berufe besser bezahlen lassen. Oder, den Gedanken fand ich sehr faszinierend, sich von dem Gedanken „Mehr Geld für mehr Leistung“ trennen, der tatsächlich genauer betrachtet gar nicht so genau zu definieren ist. Oder will mir jemand sagen, dass die Arbeit von Pflegekräften keine oder eine geringere Leistung ist als das, was z.B. ein Ingenieur in der Automobilbranche macht? Der eine hatte eine längere Ausbildung, der andere die körperlich (und psychisch) anstrengendere Tätigkeit. Wer „leistet“ jetzt mehr?

Was müsste Carearbeit kosten wenn sie bezahlt werden würde?

Ich finde, dass den Dingen, die keinen wirklichen Wert für die Gesellschaft an sich haben (Konsumgüter...), ein zu großer materieller Wert beigemessen wird und den Berufen, die sich um Menschen kümmern, seien es Kinder, alte oder Kranke, ein zu kleiner materieller Wert. Und dann gibt es eben noch die, deren Arbeit gar keinen Wert zu haben scheint, da sie nicht bezahlt wird. Die, die die Arbeit Zuhause leisten und Kinder aufziehen, den Haushalt schmeißen, einkaufen, Termine ausmachen...
Was müsste Care-Arbeit also kosten? Ich mag mich ungern auf einen festen Betrag in Euro festlegen. "Genug, dass die jeweilige Familie davon auch leben kann ohne zu knapsen“ fände ich fair. Das kann dann, je nach Größe der Familie und anderen Randbedingungen, durchaus unterschiedlich sein

Mit welchen Entscheidungen kann ich heute schon das Morgen mitdenken und Rücksicht auf die nehmen, die nach mir kommen?

Politische Entscheidungen jetzt stellen die Weichen für wirklich große Themen. Die beiden größten aktuellen dabei die Pandemie und der Klimawandel. Vor allem die Pandemie zeigt, welche Berufe und Tätigkeiten wirklich relevant sind. Nämlich genau die, die viel zu wenig Wertschätzung erfahren. Treffen wir jetzt Entscheidungen, sozialer zu werden als Gesellschaft. Davon profitieren am Ende alle. Das ist für die Wirtschaft ein verdammt radikaler Schritt. Aber das ewige Schneller Höher Weiter wird uns irgendwann überholen und zwar gründlich. Um dann wieder zu zeigen, dass die sozialen Aspekte in einer Gesellschaft die wirklich wichtigen sind.

Im Kleinen kann ich auch Einfluss nehmen: lokale Betriebe und Händler unterstützen. Meinen eigenen Konsum überdenken, mich sozial engagieren. "Haushaltsnahe Dienstleistungen" wertschätzend bezahlen. Carearbeit weniger auslagern oder wenn, dann fair(er) bezahlen. Für kreative Lösungen für Familien einstehen, abseits von "Kinder anderweitig unterbringen".

Aber auch: mir mein Leben gestalten, wie ich es selber will. Wie es für mich und meine Familie am besten ist. Denn wenn es mir selber nicht besonders gut geht, ist an andere denken schwerer.
Ich überlege mir, welche Werte ich meinen Kindern vorleben möchte, welches Vorbild ich sein möchte.

Und das ist auch meine Vision: Frauen dabei helfen, ihre Vision von ihrem Leben auszugraben und Wege zu finden, loszugehen. Das vage "etwas stimmt nicht, ich will etwas ändern" Gefühl konkreter benennen zu können.

Manchmal fühle ich mich von der Carearbeit überfordert

Manchmal ist es einfach zu viel. Als einzelne Person die komplette Planung eines 3 (oder mehr) Personen-Haushaltes zu machen ist ziemlich anstrengend. Schlimm genug, wenn es nur die üblichen Dinge, wie Einkauf, Haushalt, Vorsorgeuntersuchungen und Elterngespräche sind. Kommt dann noch weiterer Bedarf dazu – und dazu muss nur einer krank werden – fängt das Rotieren an.
Natürlich bin vor allem ich selber dafür zuständig, mich wertzuschätzen. Aber ganz ehrlich: wenn von außen vermittelt wird, dass das, was man den ganzen Tag (und die Nacht!) tut, „nichts“ ist, dann ist das ziemlich frustrierend. Die Aussage „Du musst doch nur was sagen“ hilft auch nur bedingt, denn davon wird der mental load ja nicht kleiner. Im Gegenteil: ich muss darüber nachdenken, wann und in welchem Ton ich was anspreche, dass es für mich eine Entlastung ist und kein zusätzlicher Stress.

Welche Bedeutung hat Carearbeit in unserer Gesellschaft?

Gefühlt hat Carearbeit aktuell zu wenig Bedeutung. Die Rahmenbedingungen werden von Menschen gesetzt, die anscheinend nicht selber betroffen sind – oder Personal haben und sich darüber keinen Kopf machen müssen.
In Wahrheit ist aber genau das Kümmern das, was eine Gesellschaft aus sozialen Wesen ausmacht. Ich habe gelernt, der Mensch sei ein zutiefst soziales Wesen. Es gibt diverse Studien, die belegen, dass jeder Mensch Teil der Gesellschaft sein möchte. Alt oder jung, krank oder gesund. Wenn sich aber keiner kümmert, wenn diese Menschen das Gefühl haben wertlos zu sein, dann gehen Menschen daran zugrunde.
Oder verschimmeln in Flüchtlingslagern, weil Debatten über wer hat und muss jetzt wie viele wann wo hin schicken wichtiger sind, als Menschenleben. Da wird mit Zahlen jongliert statt an die Menschen gedacht.